Christiane hat diese Worte für die April abc-Etüden vorgegeben:
Fingerhut
süßlich
fluchen
Und ich leihe mir noch einmal eine bekannte Geschichte (für Kinder) und eine ebenso bekannte Wiener Persönlichkeit als Hintergrund aus. Mal sehen, ob ihr wisst, wen ich meine.
—***—
Dienstags gehe ich zu Herrn Professor Dr. Duerf. Er ist der einzige, der mich wirklich versteht. Die Hochpaterrenwohnung in der Talgasse 19 mitten in Wien riecht stets süßlich nach Zigarrentabak. Ein Umstand, der mich an meine früheste Kindheit erinnert, wenn gelegentlich die Friedenspfeife angezündet wurde. Zum Beispiel damals nachdem wir Lilly gerettet hatten … aber das waren noch ganz andere Zeiten in weit entfernten Ländern.
(seufzt traurig)
Dr. Duerf fand heraus, dass sich meine ungewollte Verwendung der wildesten Schimpfwörter auf meine traumatischen Begegnungen mit Piraten zurückführen lässt. Die fluchten und grölten, dass mir ganz Angst und bang wurde, wenn ich mit den Kindern die gefährlichsten Abenteuer bestehen musste.
Einen Fingerhut fragt nämlich niemand, was er eigentlich will!
(seufzt erneut tief und noch trauriger)
Vieles prallt an mir ab, aber auch ich bin verletzlich. Es tut mir weh, wenn mich jemand verleugnet und mich nicht so liebt wie ich bin.
Der Ursprung all meiner Selbstunsicherheit liegt darin begraben, sagt Dr. Duerf, dass man so tat als wäre ich ein Kuss. Ein Kuss! Das ist doch lächerlich! Ich bin formschön und beständig, nicht schmatzend, nass und flüchtig.
Doch Peter war so naiv und glaubte es und Wendy so höflich und bestritt es nicht. Während ich an einem Faden wie ein Kettenanhänger um ihren Hals baumelte, fing ich an, darüber nachzudenken, ob ich vielleicht wirklich nur ein Kuss wäre, körperlos und voll reiner Liebe. Da wurde ich so leicht, dass ich davon schwebte und bis nach Wien flog. Just über dem Café Landtmann verließen mich die Kräfte und ich fiel Dr. Duerf auf den Kopf.
Für mich war das ein großes Glück, denn er erkannte gleich, was er an mir hatte: Einen einzigartigen Patienten voller unglaublicher Geschichten aus einem Traumland über Kinder, die nicht erwachsen werden wollten. Ein gefundenes Fressen für den Traumdeuter.
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