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Drabble-Dienstag: Spinnereien

Das menschliche Hirn – ein Gespinst aus Nervenfasern. Im Spinnen sind uns aber andere voraus.

Grinsekatz hat diese Worte vorgegeben:

hoffnungslos – Seide – verschieben

—***—

Die letzte Faser

„Können wir den Termin bitte verschieben? Ich muss zum Arzt“ war in letzter Zeit ihre häufigste Reaktion auf aufpoppende Termine im Kalender.

Hoffnungsvoll schleppte sie sich von Untersuchung zu Befundbesprechung. War erst einmal klar, was sie quälte, konnte man es endlich beenden oder zumindest bekämpfen. Hoffnungslos lag sie dann abends im Bett und kämpfte gegen die zunehmende Panik an:

„Mein Leben hängt am …“

Ihr wollten die Worte nicht einfallen.

„… am Faden aus … Seide? Wie sagt man da noch einmal?“

Der seidene Faden, der ihren wachen Geist bisher getragen hatte, löste sich unaufhaltsam auf. Die letzte Faser war zum Zerreißen gespannt.

—***—

Die kleine Raupe Angefressen

Dem Wetter nach hätte man den Frühlingsbeginn heuer verschieben müssen, aber die kleine Raupe ignorierte die Widrigkeiten und kam pünktlich aus dem Ei gekrochen. Ihr Appetit auf Maulbeerblätter war erwacht.

Das Raupendasein erschien ihr jedoch bald schon nicht mehr so erstrebenswert wie erwartet. Von dem ständigen gleichen Fraß war sie bald angefressen. Mit den Häutungen wuchs ihre üble Laune mit. Beinahe hoffnungslos nahm sie ein neues Projekt in Angriff: „Spinnst du jetzt völlig?“ waren ihre letzten Gedanken ehe sie im Kokon verschwand.

Aus der wunderschönen Seide entstieg alsbald ein flugunfähiger, unscheinbarer Falter.

Ja, sie hatte allen Grund, angefressen zu sein.

Antworten auf „Drabble-Dienstag: Spinnereien”.

  1. Grinsekatz

    Geduld sie muss lernen, die kleine Raupe 😉
    Und der seidene Faden ist mir vertraut …

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  2. puzzleblume

    Gefühlt hängen die beiden Episoden zusammen, das gefällt mir sehr, wie du dieses Gefühl hergestellt hast.

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