Noch ein Beitrag Christianes Einladung zu den abc-Etüden rund um die Worte
Abendbrot
heimatlos
auszeichnen
Die Wortspende kam von “puzzleblume“.
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Der Plan stand fest, geschmiedet in den endlos langen Stunden des untätigen Wartens.
Er konnte es nicht mehr ertragen, dass sie ihn behandelten, als wäre er ein gefühlloses Ding.
Die Menschen nahmen ihn kaum wahr, nur die jungen „spielten“ manchmal mit ihm. Kein Möbelstück wurde so ignoriert wie er. Sessel wurden herumgeschoben, Tische gewischt, Regale abgestaubt. Er aber war hier angekettet und dazu verdammt auf ewig zu dienen.
Erst wenn das Licht in seinen Augen erlosch, würden sie ihn gehen lassen – oder rauswerfen wie ein Stück Müll, aber er musste hier raus, selbst wenn er dann heimatlos durch die Lande irren sollte – alles war besser als dieses Dasein.
Das, was ihn wirklich von allen unterschied, was ihn allein auszeichnete, war seine Fähigkeit leuchtende Ideen zu haben. So wie ihm ging niemanden in diesem Raum ein Licht auf.
Es war tatsächlich seine Berufung und genau darauf baute auch sein Fluchtplan: Wenn die Familie heute Abend seine Dienste in Anspruch nehmen wollte, würde er es standhaft verweigern und im darauf folgenden Chaos in der Dunkelheit davonlaufen, kaum dass sie ihn losgekettet hatten.
Mit der Dämmerung wurde es dunkel im Raum. Nervös wartete er auf seinen großen Moment. Schwatzend betrat die Familie die kleine Stube. Das jüngste Kind stürmte sofort auf ihn zu, um das Licht einzuschalten.
Knips.
Nach dem Abendbrot, als die Familie schlafen gegangen war, stand er noch immer arm und traurig an seinem Platz, aber er war jetzt eine Erkenntnis reicher. Er war nicht alleine.
„Wer bist du?“ fragte er in die Dunkelheit hinein.
„Ich bin die Glühbirne und ohne mich, bist du gar nichts!“ kam es hochnäsig zurück.
„Warum hast du nicht gestreikt?“ fragte die Lampe enttäuscht.
„Weil deine Ketten mein Leben bedeuten“ antwortete sie verbittert. „Ohne Strom bin ich doch bloß eine hohle Birne“ fügte sie leise hinzu.
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