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abc-Etüden: I kant believe it

Ein bisschen autobiographisch, ein bisschen philosophisch …

Die drei Worte für die Christianes abc-Etüden kommen diesmal von Werner Kasten (und seinem Blog Mit Worten Gedanken horten):

Unterwürfigkeit
verschuldet
verjubeln.

Valentinstag und zugleich Aschermittwoch? Die Verbindung aus Liebe(zu dem Menschen, dem man am nächsten ist: sich selbst) und Besinnung führen eventuell zu einem vertieften Moment der Selbstreflexion:

—***—

I kant believe it

Ihre Unterwürfigkeit war wie ein Mühlstein, der sie immer tiefer zog. Es wurde Zeit, das Seil zu kappen, bevor sie in dem Sumpf der selbst verschuldeten Unmündigkeit unterging.

Ganz wie Kant es definiert hatte, war diese nicht durch einen Mangel des Verstandes verursacht, sondern durch den fehlenden Mut.

„Sapere aude“ murmelte sie und erhob sich langsam vom Sofa.

Gerade hatte sie Bekannten zugesagt, beim Umzug am Wochenende zu helfen. Dabei hatte sie sich wirklich auf zwei gänzlich freie Tage gefreut und eigentlich waren diese Bekannten keine besonders guten Freunde.

Sie jedoch war jemand, von dem alle wussten, dass sie nicht Nein sagen konnte. Eine kurzgehaltene Nachfrage – „Umzug am WE. Kannst du uns helfen?“ – und ihre Entspannung war dahin gewesen. Alles in ihr hatte geschrien: „Ich will nicht! Ihr habt mir ja auch noch nie bei irgendwas geholfen!“ Doch das hatte wieder nur dazu geführt, dass sie den Fehler bei sich sah. Denn sie hatte ja noch nie um Hilfe gebeten. Vielleicht würden die anderen ja … ?

Am Ende dieses Gedankenkarussells hatte sie ein gewohnt freundliches, stets hilfsbereites: „Ja klar. Gerne“ als Antwort getippt und noch einen Grinsesmiley und ein Daumen-hoch Zeichen hinterher geschickt.

So typisch. Ihre Fassade gewährte nie einen Blick auf das Drinnen.

Aber damit war jetzt Schluss.

Vorsichtig nahm sie ihr Handy wieder in die Hand. Sie zögerte einige Augenblicke ehe sie es wagte, eine weitere Nachricht zu senden: „Sorry! Kann leider doch nicht“.

Ganz ohne Erklärung. Was hätte sie denn auch schon schreiben können? „Ich würde ja, aber ich mag eigentlich wirklich nicht“.

Gleich darauf piepte das Handy. Die Reaktion war da. Mit klopfendem Herzen wischte sie über das Display: „Kein Problem.“

Sie starrte auf die Worte. Kein Weltuntergang!

Sie begann zu grinsen: „Und als nächstes verjuble ich mein Gespartes und gönne mir, worauf ich gerade Lust habe!“

Antworten auf „abc-Etüden: I kant believe it”.

  1. Christiane

    Das ist in der Tat höchst bemerkenswert. Ich bin nicht unbedingt für das Verjubeln, aber selbst zu bestimmen, was mensch mit seiner Zeit oder seinen Gütern anfängt, hat etwas sehr Befreiendes 😉
    Danke dir für die Etüde!
    Morgenkaffeegrüße 🌧️🛋️☕🍪

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  2. Werner Kastens

    Ich finde es gut, dass sie sich etwas gönnt! Das befreit doch.

    Das Problem mit dem Helfersyndrom oder Nicht-nein-sagen-Können ist ja durchaus ein ernsthaftes Thema und vielfach anzutreffen.

    Schön die Vorgaben eingebaut! (Und da sage noch einer, schwierige Worte!) *grins*

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  3. Myriade

    Direkt aus dem Leben, super!

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