L wie …

,

abc-Etüden: Cinderellas Geheimnis

Elternbeteiligung – Fluch und Segen zugleich

Christiane hat diese Worte für die April abc-Etüden vorgegeben:

Fingerhut
süßlich
fluchen

Und noch einmal ein Bezug zu einem Märchen, also die dritte Geschichte im Bunde von „Der wahre Held“ und „Falsches Spiel

—***—

Cinderellas Geheimnis

„Kannst du das bitte lassen! Mist, verda…. !“

Sie biss sich auf die Lippen. Vor ihrem Kind wollte sie nicht fluchen, aber das Geräusch raubte ihr den letzten Nerv.

Das Mädchen hatte den Fingerhut aufgesteckt. Das Trommeln auf der Tischplatte war ein nicht enden wollendes Stakkato.

„Entschuldige Mama“ meinte die Kleine erschrocken und legte den Fingerhut traurig zurück. Dann schlich sie wortlos aus dem Zimmer.

„Das habe ich wieder toll hinbekommen. Emma kann nichts dafür, dass ich so ungeschickt bin“, dachte die Mutter frustriert.

Sie schaute verzweifelt auf den hässlichen Knoten verhedderter Fäden, den sie gerade produziert hatte. Nähen war eine Kunst, die sie nicht beherrschte und je mehr sie versagte, umso mehr hasste sie diese Tätigkeit und sich selbst.

Die süßlichen Worte von Marietheres-Franziskas Mutter klangen ihr wieder im Ohr: „Die Kostüme nähen wir einfach selbst. Das spart Geld und zeigt den Kindern, was wir Mütter alles können. Selbstgemacht ist sowieso viel besser und schöner!“

Einfach, besser und schöner war hier gar nichts. Es war ein Murks ohne Aussicht darauf, jemals ein Cinderellakleid zu werden.

Der zustimmende Applaus all dieser DIY-ich-bin-ja-so-geschickt Mütter, der auf Marietheres-Franziskas Mutter kleine Ansprache gefolgt war!

Während sie höflichkeitshalber auch zweimal geklatscht hatte – KLAPP ……… KLAPP – und stimmlos dazu „Klappe halten“ gemurmelt hatte, war sie sich auf dem viel zu kleinen Kindergartensessel ihrer Tochter vorgekommen wie ein plumper Troll in einem zierlichen Puppenhaus.

Aschenputtel mit 7 Prinzessinnen – das hatte ihr noch gefehlt.

„Warum soll ich mich plagen. Am Schluss ist Emma die Blamierte in einem grässlichen Fetzen.“

Sie schnappte sich ihre Geldbörse und rief: „Emma, komm! Wir machen jetzt eine Prinzessin aus dir!“

Das Mädchen kam begeistert herbei gesprungen.

„Wir fahren zum Schneider, aber das bleibt unser kleines Geheimnis!“ und bei sich dachte sie: „Marietheres-Franziska wird daneben wirklich aussehen wie ein Aschenputtel …“

Antworten auf „abc-Etüden: Cinderellas Geheimnis”.

  1. Christiane

    Ich gebe zu, bei „Marietheres-Franziska“ laut gelacht zu haben. Ich mag die kleinen Details, die du immer unterbringst, sehr.

    Danke für die Etüde, freut mich sehr, dass Märchen SO gegen den Strich gebürstet werden können 😉

    Mittagskaffeegrüße 😉

    Gefällt 1 Person

    1. m.mama

      Danke! Nachmittagsgrüße zurück

      Gefällt 1 Person

  2. puzzleblume

    Ha, das hätte ich gewesen sein können! An der Nähmaschine Unterfädenchaos zu verursachen, war meine Hauptkompetenz an dem Gerät. Und ich werde nie die Gesichter der Supermütter vergessen, als ich für das Elternsprechtagsbüffet mit einer gekauften Torte anrückte, weil ich niemanden hatte, der mir auch nur bei irgendwas geholfen hätte, und die anderen auf die komplette Grosseltern- und andere Verwandtengarnitur zurückgreifen konnten. Ich liebe diese Mutter deshalb sehr und ihre Kind lernt mit Sicherheit auch etwas über vernünftige Lösungswege. 🙂

    Gefällt 2 Personen

    1. m.mama

      Ich finde auch, man kann das Backen und Nähen ruhig denen überlassen, die es gerne oder professionell machen und selbst die Zeit den Dingen widmen, die einem mehr liegen oder die eben gerade wichtiger sind. Arbeitsteilung hat ja auch einen Grund und einen Sinn

      Gefällt 2 Personen

  3. Failed Writer

    Solange es nicht derselbe Schneider ist, wie der vom Kaiser mit den neuen Kleidern…

    Gefällt 2 Personen

  4. Myriade

    Marietheres-Franziska ?! Das arme Kind wird sich einen anderen Namen suchen, wenn sie aus dem Prinzessinnenalter heraußen ist oder sie wird Monarchistin 🙂

    Gefällt 3 Personen

    1. Fraggle

      Vielleicht ist sie die Schwester irgendeines Malte-Sokrates, oder so ähnlich, und kommt zum Schluss, es im Vergleich doch nicht ganz so schlimm getroffen zu haben … 😉

      Gefällt 2 Personen

      1. m.mama

        Oh, Malte-Sokrates muss ich mir merken, da fallen ja noch die Gaius-Julians aus den Socken *gg*

        Gefällt 1 Person

      2. Fraggle

        Boah, nee, Gaius-Julian finde ich schlimmer! 🙂 Muss ich mir merken … 😉

        Gefällt 1 Person

      3. Myriade

        Haha, Malte-Sokrates ist tatsächlich ärger *kicher*

        Gefällt 2 Personen

  5. Schreibeinladung für die Textwochen 19*20*21*22**24 | Wortspende von Querfühlerin | Irgendwas ist immer

    […] à l´homme pour cacher sa pensée: hier    m.mama auf L wie …: hier, hier, hier, hier und hier   Cynthia auf Querfühlerin: hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und […]

    Like

  6. Cynthia alias Rübenigel

    Marie-Theres Franziska… da müssen die Eltern viele Fünfer in die Therapeutenkasse werfen. Klasse!

    Gefällt 1 Person

  7. Werner Kastens

    Klasse geschrieben! Man lebt die Gefühle der Mutter so richtig mit!

    Gefällt 1 Person

    1. m.mama

      Danke. Ist ja auch fast autobiographisch 😉

      Like

Hinterlasse einen Kommentar