Ich hatte die Vermutung der gelb gestreifte, verfressene Kater wäre schuld. Seit Jahrzehnten bezeichnet sich Garfield als „nicht zu dick, sondern untergroß„
Doch das Internet belehrte mich rasch eines Besseren. Schon 1972 wurde der Begriff décroissance von Andre Gorz erstmals verwendet. Und seit 2008 gibt es die englische Entsprechung „degrowth„. Im deutschen Sprachraum nennt man es auch „Entwachstum„.
Während die Kritik am beständigen Bestreben vieler Wirtschaftstreibender laufend zu wachsen schon in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts einsetzte, berechtigt, sinnvoll und notwendig ist, finde ich die dafür entstandenen Bezeichnungen unschön und holprig.
Erfolgt meine ästhetische Kritik zurecht?
Mit untergroß umschreibt die Cartoon-Katze, dass sie für ihr Gewicht zu klein ist, also mehr in die Breite als in die Höhe wächst. Wer nicht groß ist oder unter dem bleibt, was man als groß bezeichnet, fällt gewöhnlich in die Kategorie klein. Klein impliziert aber auch oft fein. Letzteres zieht dann Vorstellungen von zart und dünn, gar schmächtig nach sich. Das Bild, das im Kopf beim Wort untergroß entsteht, ist in Bezug auf Garfield dann wirklich passender.
Décroissance hat leider nichts mit den leckeren Croissants zu tun, sondern meint tatsächlich am ehesten ent(gegen dem)-Wachstum.
De- als Präfix mit negativer Bedeutung, also der inhaltlichen Umdeutung des Begriffes der darauf folgt in sein Gegenteil (analog zu De-kontamination, De-regulierung). Degrowth ist aber keine direkte Aufforderung zum Schrumpfen, sondern zum Aufgeben einer Geisteshaltung, zum Umdenken.
Entwachsen kann man den Kinderschuhen und den Jugendspäßen. Auch mit dem Ent-wachstum ist eine Loslösung, ein Hintersichlassen gemeint. Statt immer mehr zu wollen und die Anhäufung von Geld, Gütern etc. zum Kriterium für ein gutes Leben zu erheben, sollte man in der Postwachstumsphase erkannt haben, dass Wachstum auf Dauer nicht geht, nicht glücklich macht und längst auch zerstörerisch wirkt (auf die Umwelt, die Lebensqualität).
Die Worte – so zusammengesetzt und schwerfällig sie daherkommen mögen – sie treffen des Pudels Kern. Wir müssen uns aber nicht gleich dem Teufel verschreiben wie Dr. Faust, wenn wir erkennen, dass sich unser Umgang mit den verfügbaren Ressourcen (zu viel, immer zu viel) ändern sollte.
Es haben sich schon kluge Köpfe Gedanken gemacht über die Simplifizierung des Lebens (wobei: Nachdenken heißt noch nicht Probleme lösen)
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