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abc-Etüden: Ist da wer?

Zu faul für das Wesentliche? Wie weit kann das gehen?

Beim Schreiben des letzten Beitrags für Christianes abc-Etüden zu den 3 Worten faul – Krisenmodus – empfehlen ist mir noch folgende dystopische Geschichte eingefallen – wie es wohl wäre, wenn man seine Bubble nie verlässt bzw. was man alles versäumen könnte, wenn der Fokus sagen wir mal „schief“ liegt …

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Die ganze Welt war angeblich im Krisenmodus. Brandherde rund um den Globus loderten auf. Die Sache schien völlig außer Kontrolle.

Die Frage lautete gar nicht mehr, ob einer so verrückt sein würde, den roten Knopf als erster zu drücken, sondern nur noch wann und welcher von den Machtbesessenen, Hasserfüllten und in der eigenen Bubble Gefangenen?Welche Verblendung zu glauben, damit etwas Anderes beweisen zu können als die eigene Dummheit.

Ihn interessierte Politik nicht.

An den Schlagzeilen kam er nicht vorbei, aber die Hintergründe und die zunehmende Ernsthaftigkeit der Gefahr für die Welt blieben ihm verborgen.

Ihn interessierte nur sein Spiel.

Den Level, den er erreicht hatte, bescherte ihm Anerkennung in der Gamerwelt.

Er hatte seit Tagen nicht mehr geduscht. Seine Mutter schimpfte ihn faul und rümpfte auffällig die Nase, wenn er das Zimmer verlassen musste, weil sie ihm verboten hatte, eine Campingtoilette aufzustellen. Aber das Essen stelle sie ihm nach wie vor dreimal täglich vor die Tür.

Ob es Tag oder Nacht war als die letzte Schlacht begann, konnte er nicht sagen. Der Vorhang war wie immer geschlossen, sein Blick starr auf den Bildschirm gerichtet. Gegner um Gegner beseitigte er und sie fielen um wie die Fliegen!

Irgendetwas stimmte hier nicht. Die letzten Runden waren eher ein Spaziergang durch leere Räume als ein glorreicher Kampf gegen eine Überzahl an Feinden. 

Der letzte Torwächter rief nur: „Ich empfehle dir, dich in Sicherheit zu bringen! Der Kampf hat begonnen!“, dann brach er leblos vor ihm zusammen. Lächelnd schritt er über die verschwindende Figur hinweg. Gleich würde er sich selbst krönen und als erster das Spiel bis zu Ende gespielt haben!

Euphorisch trat er hinaus, um sich zu feiern. Er nahm die Kopfhörer ab und eine gespenstische Stille umfing ihn. „Wo seid ihr denn alle?“ Doch es war niemand mehr da, um zu antworten.

Antworten auf „abc-Etüden: Ist da wer?”.

  1. Myriade

    Toll! Also die Campingtoilette gibt dem ganzen einen grausig realen Aspekt. Grundlegende menschliche Bedürfnisse kommen in Kurztexten selten vor 😱 😱

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  2. Christiane

    Gruselig, aber großes dystopisches Kino, konsequent durchgespielt 😎👍
    Danke dir für die Etüde!
    Nachmittagskaffeegrüße ☁️🖥️☕🍪

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  3. Werner Kastens

    Erinnert mich ein wenig an die Zeit des Iran/Iraq-Krieges. Da wurde auch immer von der „Mutter aller Schlachten“ gesprochen.

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  4. Grinsekatz

    Hart an mancher Realität, gruselig.

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  5. Schreibeinladung für die Textwochen 06*07*08*09**24 | Wortspende von Werner Kastens | Irgendwas ist immer

    […] (Christiane) auf Irgendwas ist immer: hier und hierm.mama auf L wie …: hier, hier, hier, hier und hierMyriade auf la parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée: hierAnja auf Annuschkas […]

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  6. puzzleblume

    Gleich mehrere Super-Ideen zwischen Schmunzeln und Gruseln. Solche Gedanken können einem besorgen Elternteil wohl kommen, wenn es erlebt wie ein Teenagerkind droht, sich in der Spielewelt zu verlaufen. Ich feiere den Wunsch des Sprösslings nach einer Campingtoilette im Zimmer.

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